Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2022; 57(04): 277-291
DOI: 10.1055/a-1472-4341
CME-Fortbildung
Topthema

Hämodynamisches Monitoring 2.0 – was ist auf Normalstation möglich?

Hemodynamic Monitoring 2.0 – What is Possible on Normal Wards?
Robert Schiewe
,
Berthold Bein
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Zusammenfassung

Neben der Verwendung von Scores zur Früherkennung sich kritisch verschlechternder Patienten kann die Patientensicherheit durch zusätzliches Monitoring auch auf der Normalstation erhöht werden. Hierbei ist die Praktikabilität von entscheidender Bedeutung, wodurch die Auswahl geeigneter nichtinvasiver Verfahren im Rahmen der Behandlung auf Normalstation eingeschränkt ist.

Abstract

Life threatening events after surgery often occur on the ward. These events could be prevented by early detection of clinical deterioration of patientsʼ health status during ward care. Therefore, an adequate monitoring could help to identify patients at risk, since there is an imbalance of monitoring intensity and the occurrence of life-threatening events during hospital stay.

Additional monitoring on the general ward could lead to more patient safety. The practicability of additional monitoring needs to be considered, and therefore the use of available monitoring systems on the ward is limited. Capillary refill time (CRT) and the passive leg raise test (PLR) seem to be usable intermittent monitoring techniques.

Continuous monitoring systems ensure a better detection of unwanted events and hemodynamic trends. However, the increased workload for the nursing staff and tethered monitors are unfavorable. Future trends of developing wireless monitoring systems are of paramount importance in this respect. Controlling artefacts is crucial for the successful balance between false alarms and “missed events”. An adequate reaction is needed when detecting adverse events to avoid a “failure to rescue”.

Kernaussagen
  • Lebensbedrohliche Ereignisse im Krankenhaus können durch Verlaufsbeobachtungen frühzeitig erkannt und verhindert werden. Eine angemessene Überwachung kann hierbei die Identifikation von Risikopatienten ermöglichen. Aktuell besteht ein Missverhältnis zwischen der Intensität des Monitorings und dem Auftreten von Komplikationen im zeitlichen Verlauf.

  • Der Modified Early Warning Score (MEWS) kann als Score zur Früherkennung sich kritisch verschlechternder Patienten benutzt werden. Eine untersucherabhängige Erhebung von Werten bedingt dabei aber auch Fehlbestimmungen.

  • Von entscheidender Bedeutung bei der Auswahl eines Monitoringverfahrens, insbesondere im normalstationären Setting, ist die Praktikabilität.

  • Die Bestimmung der Rekapillarisierungszeit (CRT) ist einfach und schnell durchführbar. Sie liefert umgehend einen Eindruck über die aktuelle hämodynamische Situation und lässt sich zudem gut in Kombination mit dem Passive Leg Raise Test (PLR) bestimmen.

  • Die Stärke einiger Monitoringsysteme ist ihre Kontinuität, da durch ein lückenloses Monitoring Ereignisse und Trends erkannt werden können. Nachteilig ist bei einigen Systemen ihre unzureichende Praktikabilität durch vermehrten Monitoringaufwand und z. B. eine Kabelgebundenheit.

  • Der Umgang mit Artefakten und Fehlalarmen mit der konsekutiven Gefahr der Entwicklung einer Alarmmüdigkeit ist eine große Herausforderung für das kontinuierliche Monitoring. Die richtige Balance zwischen Fehlalarmen und „Missed Events“ ist entscheidend.

  • Jedes relevante Ereignis erfordert eine adäquate Reaktion, damit eine Therapie eingeleitet werden kann und somit ein „Failure to rescue“ vermieden wird.

  • Eine okkulte Hypoperfusion ist für viele lebensbedrohliche Ereignisse auf Normalstation verantwortlich. Zur Differenzierung der Ursache einer Hypoperfusion bieten sich die Kardiosonografie und der PLR-Test an.



Publication History

Article published online:
21 April 2022

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